Grußwort von Prof. Dr. Rita Süssmuth zur Jahresveranstaltung und Verleihung des Sozialen Menschenrechtspreises 2020
Sehr geehrte Damen und Herren/Liebe Gäste,
da ich bei der diesjährigen Jahresveranstaltung der Eberhard-Schultz-Stiftung leider aus terminlichen- auch wegen Corona- Gründen nicht persönlich anwesend sein kann, möchte ich zumindest auf diesem Wege an der Veranstaltung teilnehmen. Das reichhaltige Programm verspricht ja einen informativen und gewinnbringenden Abend!
Auch in diesem Jahr habe ich mich soweit möglich in die Stiftungsarbeit als Vorsitzende des Kuratoriums mit eingebracht. Das Grundmotiv meines Handelns ist und bleibt der Kampf gegen Ausgrenzung und Menschenrechtsverletzungen!
Auch in diesem Jahr hat sich gezeigt, wie wichtig und notwendig die Arbeit der Eberhard-Schultz-Stiftung ist. Besonders hervorzuheben ist die Arbeit an dem Parallelbericht oder Schattenbericht, den unsere Stiftung zusammen mit 20 weiteren Nicht- Regierungsorganisationen zum angeforderten Zwischenbericht des UN- Sozialausschusses mit dem Schwerpunkt Soziales Menschenrecht auf angemessene Wohnungen für jede und jeden. Dieser Bericht wurde mit ExpertInnen und Experten und Beiträgen von MieterInnen- Initiativen rechtzeitig zum 15. April fertiggestellt. Darin werden auch die zwiespältigen Entwicklungen aufgrund der staatlichen Maßnahmen wegen der Corona- Pandemie angesprochen und konkrete Forderungen für die Betroffenen entwickelt- positiv war ja zum Beispiel, das Moratorium für MieterInnen wegen Zahlungsverzug, denen wenigstens ein Aufschub bei den Kündigungen vergönnt wurde.
Mit Freude habe ich vernommen, dass der Vorstand beschlossen hat einen weiteren NGO- Bericht an den UN- Ausschuss zur Beseitigung rassistischer Diskriminierung zusammen mit ExpertInnen und Betroffenen- Organisationen ausarbeiten will. Und nicht nur beschlossen! Die ersten Vorarbeiten zu diesem brisanten und hochaktuellen und leider immer noch sehr umstrittenen Thema sind gemacht.
Leider gibt es nicht nur in dem Zusammenhang negative Entwicklungen. Wie in meinem Grußwort vom letzten Jahr ausgeführt, ist die Bundesregierung dringend aufgefordert nun mal endlich ein konkreten Zeitplan für die Ratifizierung des Zusatzprotokolls zum UN- Sozialpakt vorzulegen. Das ist bis heute- ein Jahr später- immer noch nicht geschehen. Deshalb bleibt meine Aufforderung vom letzten Jahr nach wie vor aktuell:
Setzen wir uns dafür ein, dass endlich ein konkreter Zeitplan der Ratifizierung dieses Paktes festgeschrieben wird! Dies ist die Voraussetzung dafür, dass die sozialen Menschenrechte endlich aus ihrem Schattendasein heraustreten und nicht länger als Menschenrechte zweiter Klasse angesehen werden. Wie im letzten Jahr ausgeführt, wäre das auch ein notwendiger Schritt gegen aufstrebenden Rechtspopulismus und zunehmende soziale Spaltung, wie sie brandaktuell ist und den Auswirkungen der Corona- Pandemie größer wird. Dabei können gerade die christlichen Parteien, sich auf eine große Autorität berufen: Papst Franziskus II., der zusammen mit einem Oberhaupt der internationalen muslimischen Gemeinschaft einen Appell an die Menschheit gerichtet hat. In seiner Enzyklika heißt es ausdrücklich: Er kritisiert die herrschende, liberalsitische Praxis als falsch, immer nur die individuellen Freiheitsrechte zu betonen und die sozialen Menschenrechte, die ja genauso zur Menschenrechtserklärung der Vereinten Nationen gehören, meistens verschweigen oder als sozialistisch zu brandmarken. (Abschnitt 111 in der Enzyklika Franziskus 2020)
Wir brauchen dringend eine Politik, die sich an den lebenswichtigen Bedürfnissen und Möglichkeiten der Menschen ausrichtet.
Wie wir alle gerade auch in diesem von Corona dominierten Jahr schmerzlich erfahren müssen, werden die finanziellen Spielräume gerade auch für gemeinnützige Stiftungen immer enger – besonders wenn sie sich wie unsere Stiftung der Nachhaltigkeit verschrieben haben. Deshalb möchte ich auch in diesem Jahr besonders betonen: Unsere Stiftung ist dringend auf Spenden angewiesen.
Abschließend möchte ich darauf hinweisen: Auch ehrenamtliche Mitarbeit bei der Eberhard-Schultz-Stiftung ist möglich und auch notwendig.
Mir bleibt noch der Dank an unsere Stiftung, unserem Vorstand und Kuratorium und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Ihrem unermüdlichen Einsatz für die sozialen Menschenrechte und gesellschaftliche Teilhabe.
Ich wünsche unserer Jahresveranstaltung einen großen Erfolg. Wir sind gespannt, wer in diesem Jahr den Sozialen Menschenrechtspreis erhalten wird.
Prof. Dr. Rita Süssmuth