Stellungnahme von Dr. Andrej Holm zum Ergebnis der Expertenkommission zur Vergesellschaftung großer Wohnkonzerne vom 23. Juli 2023
Vergesellschaftung von großen Wohnungsunternehmen ist möglich. Umsetzungsgesetz jetzt!
(weitere Informationen in unserer Pressemitteilung unter: Pressemitteilung zur Vergesellschaftung großer Wohnungsunternehmen)
Die Initiative „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“ hat im September 2021 erfolgreich für einen Volksentscheid zur Vergesellschaftung großer Wohnungskonzerne mobilisiert. Eine deutliche Mehrheit von über 57 Prozent der abgegebenen Stimmen im Referendum unterstützte die Forderung zur „Erarbeitung eines Gesetzentwurfs durch den Senat zur Vergesellschaftung der Wohnungsbestände großer Wohnungsunternehmen“.
Durch die ablehnende Haltung der SPD-Führung wurde die Umsetzung des Volksentscheides nicht in den Koalitionsvertrag der rot-grün-roten Landesregierung (2021 bis 2023) aufgenommen. Stattdessen wurde eine Expertenkommission eingesetzt, die prüfen sollte ob und wie eine Vergesellschaftung umgesetzt werden kann. Insgesamt 13 Expert:innen beschäftigten sich auf über 16 Sitzungen und zahlreichen Anhörungen mit externen Sachverständigen seit Ende April 2022 mit vielen rechtlichen und wohnungspolitischen Aspekten einer Vergesellschaftung.
Der Ende Juni veröffentlichte Endbericht der Kommissionsarbeit kommt zu einem deutlichen Ergebnis: Eine Vergesellschaftung von Wohnungsunternehmen ist rechtlich möglich, eine Entschädigung unterhalb des Verkehrswertes ist zulässig und eine Festlegung auf Unternehmen mit mehr als 3.000 Wohnungen im Bestand ist gut begründet. Mehr noch, die Kommission der Expert:innen kommt mehrheitlich nicht nur zu dem Schluss, dass eine Vergesellschaftung rechtlich möglich sei, sondern auch zu der Einschätzung es seien „keine anderen Mittel erkennbar, die (…) in der Wirksamkeit dem Vorhaben gleichstehen“.
Obwohl die hochkarätig besetzte Kommission mit Professor:innen verschiedener Fachrichtungen, einem ehemaligen Verfassungsrichter und einer ehemaligen Justizministerin zu einem deutlichen Ergebnis kommt, sieht sich die aktuelle Koalition aus CDU und SPD (seit 2023) ganz offensichtlich nicht verpflichtet, ein Umsetzungsgesetz zur Vergesellschaftung großer Wohnungsunternehmen auf den Weg zu bringen. Stattdessen hält die Regierung an ihrem Plan fest, ein „Vergesellschaftungsrahmengesetz“ zu erarbeiten und auf seine verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit prüfen zu lassen. Erst nach einem mehrjährigen Verfahren könnte dann eine Umsetzung des Volksentscheides erfolgen. Mit diesem Vorgehen verliert das Land Berlin wertvolle Zeit zur effektiven Lösung der Wohnungsfrage. Gerade angesichts der rückläufigen Neubauaktivitäten und den steigenden Baupreise wird deutlicher als zuvor, dass eine soziale Wohnversorgung vor allem im Bestand gesichert und durchgesetzt werden muss. Eine Vergesellschaftung von über 240.000 Wohnungen würde die Versorgungslage für viele Mieter:innen der Stadt auf einen Schlag verbessern. Es grenzt an eine wohnungspolitische Fahrlässigkeit der Regierung, diese Chance den ideologischen Vorbehalten gegen eine Vergesellschaftung zu opfern.
Mieterbewegungen, Sozialverbände und alle Initiativen und Organisationen, die das Menschenrecht auf Wohnen durchsetzen wollen, sollten den Bericht der Kommission als Ermutigung und Bestätigung ansehen, sich für einen schnelle Umsetzung der Vergesellschaftung einzusetzen. Als Stiftung für soziale Menschenrecht und Partizipation fordern wir die Regierung von Berlin auf, das klare Ergebnis des Volksentscheids zur Vergesellschaftung nicht länger zu ignorieren und unverzüglich mit der Erarbeitung eines Umsetzungsgesetzes zu beginnen.